Mitarbeiterbindung oder das falsche Weihnachtsgeschenk

René Jörges

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Bild von: RedMaiden auf Pixabay

Mitarbeiterbindung oder das falsche Weihnachtsgeschenk

Nehmen wir diesmal einen anderen Bereich in den Fokus, wo das Zielgruppenprinzip eine Rolle spielen könnte. Mitarbeiterbindung.

Ich habe mal einen Vortrag zum Thema Mitarbeiterbindung vor Wirtschaftsvertretern der Industrie gehalten. Die Teilnehmer waren Geschäftsführer und Personalverantwortliche regionaler Unternehmen. Nun habe ich gelernt, wie man am besten eine Atmosphäre der Interaktion herstellt und habe das Auditorium gleich von Anfang an aktiv in das Thema eingebunden. Ich fragte: „Was verstehen Sie unter Mitarbeiterbindung?“ Schnell flogen mir zahlreiche Antworten zu. Ich notierte alle fleißig auf einem White Board. Die Teilnehmer der Tagung waren alle sehr motiviert. Offenbar hatten alle ihre Hausaufgaben gemacht und konnten nun erfolgreich Antworten geben. Ja, wenn man weiß, wovon man spricht, macht es Spaß, gemeinsam ein Thema zu erarbeiten.

Das war der Moment, in dem ich die berechtigte Begeisterung an dem Thema schmälern musste. Ich drehte mich zum Auditorium und sagte: „All das, was Sie gesagt haben, sind gute Punkte. Aber was Sie unter Mitarbeiterbindung verstehen, ist völlig irrelevant!“. Ich ging zum White Board und strich alles durch. Es erhob sich nun ein empörtes Schweigen, welches langsam in ein Murmeln überging. Ich unterstrich das Wort Mitarbeiter in Mitarbeiterbindung. „Was ihre Mitarbeiter darunter verstehen, dass ist die relevante Frage.“ Ich muss dazu sagen, alle Antworten waren gut. Ich provozierte diese Situation, um alle auf das eigentliche Thema zu stoßen. Die Mehrzahl der Teilnehmer kannten alle Erhebungen dazu. Auch wenn diese sich ein wenig unterscheiden, ist allen gemein, dass die Bezahlung erst ab Punkt 6, 7 oder 8 folgt. In den meisten Studien (ohne eine Rangfolge festzulegen) sind als wichtigste Punkte aufgeführt:

• Wertschätzung • Feedbackkultur • Unternehmens- und Führungskultur • Weiterentwicklungsmöglichkeiten • Kollegen und Teamwork • Gesundheitsmanagement • Wertesystem

Auch wenn alle Antworten irgendwo richtig waren, das beste Wissen nutzt nichts, wenn ich es nicht mit der Zielgruppe in Verbindung bringe. Warum fragen wir diese nicht, was ihre Bedürfnisse sind? Natürlich geht es nicht um ein exzessives Wunschkonzert für jedermann. Das wäre Utopie und auch nicht zielführend. Aber jedes Unternehmen hat eine eigene Kultur, eine eigene Zusammensetzung an verschiedensten Mitarbeitern. Einfache Mitarbeiterbefragungen können hier helfen, in die richtige Richtung zu gehen. Nichts ist schlimmer, als es gut gemeint zu haben, ohne die Zielgruppe in die Lösung einzubeziehen. Es ist bald Weihnachten und vielleicht hilft das folgende Beispiel das Aufgezeigte praktisch zu verdeutlichen. Sie sitzen im Kreise Ihrer Lieben und erhalten von der Erbtante ein großartig eingepacktes Geschenk. Es wird obendrein noch als ganz besonders angepriesen. Sie packen es aus, und… Es ist ein Geschenk, was Ihnen nicht gefällt, was Sie nicht brauchen und völlig unnütz ist. Nun bleiben Ihnen nur zwei Millisekunden, um Ihrer grenzenlosen Freude Ausdruck zu verleihen. Sie tun dies aus Verbundenheit, aus Anstand und weil es die geliebte Erbtante ist. Mitarbeiter tun das nicht!

(Das jeweils verwendete generische Maskulinum bezieht sich auf m/w/d gleichermaßen!)